Wie es begann
Wenn wir gefragt werden, warum wir nach Mallorca ausgewandert sind, ist unsere erste Antwort eigentlich immer: Wegen des Wetters. Wobei wir gar nicht vorhatten
auszuwandern. Das hat sich erst im Laufe der Zeit so entwickelt.
Es war Ende 1993, Helmut stand vor Abschluß seines Studiums, meine Diplomarbeit war so gut wie fertig, die Kinder in der studentischen Krabbelgruppe eingelebt, und wir endlich umgezogen.
So langsam wir manchmal noch heute mit kleinen Entscheidungen sind, so schnell ging damals unser gemeinsames Leben los: Im Februar 1990 kennengelernt, ein Jahr
später aus der Fernbeziehung zusammen gezogen, im Januar 1992 kamen unsere Töchter zur Welt und wieder ein Jahr später haben wir uns in der Stadt ein Haus gekauft.
Trotzdem stand immer wieder die Frage im Raum, was machen wir nach dem Studium? Die Jobaussichten waren für uns beide nicht gerade rosig, und wir wollten vor "dem Ernst des Lebens" nochmal eine Zeitlang in die Sonne.
Ich kam ja aus Bonn, wo es gefühlt immer ein bißchen wärmer ist als anderswo. Im Laufe der Jahre stellten dort immer mehr Kneipen, Restaurants und Cafés im Sommer ihre Tische und Stühle vor die Tür und ich verbrachte die Abende und Nächte viel draußen. Ich schlief meistens auf meiner Dachterrasse und genoß den Sternenhimmel über mir.
In Witzenhausen war ein ganz anderes Klima. Selbst im Hochsommer musste man abends einen Pullover anziehen, draußen zu sitzen machte nicht wirklich Spaß. Hinzu kam Helmuts Winterblues, der sich bis in den März hinziehen konnte.
Es war also klar daß wir wenigstens ein halbes bis ein Jahr in den Süden, in die Wärme wollten. Aber wir sind beide nicht der Typ der mit Rucksack von Alsaska bis Feuerland wandert, schon gar nicht mit zwei Kleinkindern.
Eine unserer Ideen war, in Frankreich gegen Kost und Logie auf Biobauernhöfen zu arbeiten. Helmut studierte immerhin ökologische Landwirtschaft und mein Biologiestudium hatte ja weitläufig auch damit zu tun. Dann erzählten uns Freunde die ihre Semesterferien auf diese Art verbrachten, daß wir dann immer mindestens sechs Wochen auf einem Hof bleiben und auch den ganzen Tag mit arbeiten müssten, sonst wären wir den Bauern keine Hilfe. Also wurde die Idee wieder verworfen, so hatten wir uns unsere Auszeit dann doch nicht vorgestellt.
Wir studierten und überlegten weiter. Neben dem Studium arbeiteten wir beide. Ich als Nachtwache im Psychatrischen Krankenhaus am Meißner, Helmut renovierte
gemeinsam mit einem Freund Häuser. Zusammen mit dem Umbau unseres Fachwerkhauses sammelte er jede Menge Praxis.
Eines Abends fielen die entscheidenden Sätze. Wir hatten wie immer gemeinsam mit den Kindern gegessen, ihre paar Zähnchen geputzt, Gutenachtgeschichte vorgelesen.
Nun lagen die beiden friedlich in ihren Betten, Schmuse-Elephant im Arm, Schnuller im Mund. Wir saßen in dem winzigen Innenhof und rauchten unsere Feierabendzigarette und ließen den Tag Revue
passieren. Helmut: "mit meiner Übung und Erfahrung die ich jetzt habe, hätte ich richtig Lust, mal in Ruhe so ein Haus zu renovieren." Ich: "Dann lass uns das doch auf Mallorca
machen."
Das wars. Kein Überdenken, kein Zweifeln. Es stand fest, nach dem Studium gehen wir nach Mallorca.
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