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Meer

Meine Eltern liebten das Meer. Ich habe diese Liebe und diese Sehnsucht nach Meer geerbt. Unzählige Male habe ich am Meer verbracht, Urlaube, verlängerte Wochenenden nach Holland gefahren, selbst im Dezember kurz in die Nordsee gesprungen.

Den ersten von einigen Urlauben am Meer verbrachten wir 1961 in Italien an der Riviera. Damals noch mit dem Zug, später sind wir mit dem Auto in zwei Tagen mit Übernachtung in Frankreich nach Bordighera gefahren. Dort lebte die italiänische Freundin meiner Mutter, und wir konnten kostenlos in einem ihrer Mietshäuser wohnen.Wir waren immer in den Osterferien dort, d.h. Anfang bis Mitte April. Während die Einheimischen noch ihre langen Unterhosen trugen, tummelten wir Kinder uns schon den ganzen Tag im Wasser. Meine Eltern genossen den Flair des Küstendorfes und gönnten sich jeden Nachmittag einen Cappuccino an der Strandpromenade und uns ein Eis.

Nach einigen Urlauben in Holland ging es mehrere Jahre in den Sommerferien nach Dänemark. Wir mieteten immer eines dieser "Papphäuschen" direkt hinter den Dünen, zwei Schlafzimmer und Couch im Wohnzimmer, und das Glück jeden Sommer das herrlichste Wetter zu haben.

Mein Vater fuhr früh morgens an den Hafen, und kaufte zwei Dutzend der kleinen Fjordschollen. Im Laufe des Tages briet sich jeder der Hunger hatte ein paar davon in der Pfanne. Das waren die optimalen Ferien für die ganze Familie.

Eine andere Art des Aufenthalts am Meer waren die Kinderlandverschickungen nach Spiekeroog. Das erste Mal wurden wir drei Geschwister zusammen verschickt, als die Geburt meiner jüngeren Schwester bevorstand. Insgesamt waren wir sechs Wochen dort. Für mich eine tolle Zeit, trotz aller schrägen Erziehungsmaßnahmen die damals noch üblich waren. Davon in einem anderen Kapitel.

Mein jüngerer Bruder hatte allerdings total Heimweh, und beide Brüder waren froh, als es wieder nach Hause ging. Ich bin noch zweimal dort gewesen, das letzte Mal mit zwölf Jahre, eigentlich schon zu alt.

Als ich älter war folgten viele Kurzurlaube in Holland. Von Bonn aus war ich mit meinen Freunden mit dem Auto in etwa vier Stunden am Meer. Schon allein durch die andere Sprache und die fremden Geldscheine fühlte ich mich im Ausland, im Urlaub.

 

Und dann bin ich vor fast 25 Jahren ganz ans Meer gezogen. Es ist immer noch wunderbar. Bis heute hat es nicht an Faszination verloren. Immer dasselbe Meer, und doch jedesmal anders. An jedem Ort der Insel anders. Auf jeder der Inseln anders. Bei jeder Tageszeit, Jahreszeit, bei jedem Wetter anders.

 

Die Weite, die Geräusche, die Farben. Vorallem die Farben. So viele Blautöne. Dazu das Blau des Himmels. Ich werde mich nie satt sehen. Im Frühjahr und Herbst, wenn die Sonne nicht mehr so hoch steht, und die Touristen noch nicht, oder nicht mehr so zahlreich den Strand bevölkern, ist es fast am schönsten. Mit Sonnenaufgang bekommt es ein Glitzern, erst rötlich-golden, später ergießt sich ein blendend silbernes Funkeln über dem Wasser.

Im ersten Jahr waren wir beinahe täglich am und im Meer. Im Dezember noch, im April schon wieder zum Baden.

Wir hatten damals eine Finca knapp drei km von der Cala Llombards entfernt gemietet. Jeden Morgen und jeden Abend ging es an den Strand. Da wir schnell merkten, wie feucht und dadurch kalt es im Winter so nah am Wasser ist, sind wir ein Jahr später etwas weiter in Landesinnere gezogen, und sind nun zwölf km vom nächsten Strand entfernt.

Auch heute bin ich immer noch so oft wie möglich am Meer. Seitdem ich mein Auto umgebaut habe, übernachte ich oft an meiner Lieblingsbucht in Porto Colom. Es gibt nichts schöneres als bei funkelnden Sternen mit dem Rauschen der Wellen im Ohr einzuschlafen, Morgens mit dem ersten Tageslicht aufzustehen und mit einer Tasse Tee in der Hand der Sonne beim Aufgehen zuzuschauen.

 

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Marita Achenbach (Mittwoch, 07 Oktober 2020 13:04)

    ja ✨ du weckst tatsächlich die Sehnsucht nach Meer � auch in mir ✨ wieder neu ��